Die Scheune und der Kuhststall nach dem Umbau mit Solarthermieanlage auf dem Dach. 

Die Scheune und der Kuhststall nach dem Umbau mit Solarthermieanlage auf dem Dach.  (Quelle: Sonnenhaus Institut e.V.)

Er war eine Ruine, der Vierseithof in der Nähe von Aachen, mit allem, was dazu gehört: durchfeuchtete Keller, marode Ziegelwände, morsches Holz. Jetzt bietet er auf 750 m² Komfort für Wohnen, Arbeiten und Kunst. Kernstück der behutsamen Sanierung ist das Energiekonzept nach den Grundsätzen des Sonnenhaus-Instituts. Eine solarthermische Anlage deckt mehr als 50 % des gesamten Jahresheizwärmebedarfs für Heizung und Warmwasser.

Heizergänzung mit Pellets

Ein Holzpelletkessel sowie ein Holzscheit-Kaminofen ergänzen - CO2-neutral und regenerativ - die Sonnenheizung. Die Effizienz der energetischen Modernisierung zeigt der EnEV-Nachweis: Der Energiebedarf des Gesamtkomplexes liegt bei 60,5 kWh/ m²a, der Primärenergiebedarf bei lediglich 15 kWh/ m²a und damit um 80 % unter dem aktuellen EnEV-Standard. Der Vierkanthof ist derzeit einer der größten solarisierten Altbauten Deutschlands.

„Dieser großflächige Hof mit seinen verschiedenen Gebäuden ist ein gelungenes Beispiel für innovative, energieeffiziente Altbau-Solarisierung. Uns war es wichtig, substanzschonend den spezifischen Charakter und die besondere Atmosphäre des Gebäudeensembles zu bewahren“, erläutert Uwe Fickenscher, Architekt aus Hof und Mitglied des Sonnenhaus-Instituts. „Diese Gedanken leiteten uns auch bei der Energieversorgung, so dass ein nachhaltiges und umweltfreundliches Gesamtwerk entstand.“

Zentrale Heizanlage für schwankenden Bedarf

Um in dem Altbau neue, wohnliche und komfortable Räume zu schaffen, entschied sich der Bauherr für eine Sonnenheizung. Die ehemalige Scheune bietet heute auf ihrem nach Südosten orientierten Dach 96 m² Kollektorfläche Platz. Die hier gesammelte Sonnenwärme lagert in einem 40.000 Liter fassenden Solar-Wärmespeicher. Die sichtbaren Teile des Solarspeichers sind mit heimischem Lehm, der auf dem Grundstück gefunden wurde, verkleidet. So fügt er sich organisch in das gestalterische Gesamtkonzept.

Die Scheune bietet nicht nur der solarthermischen Heizanlage Raum, sondern darüber hinaus einem Atelier mit Ausstellungsfläche sowie Wohn- und Büroräumen. Auch die weiteren Gebäude des Anwesens werden vielseitig genutzt. Gerade für einen solchen Verbund eignet sich eine zentrale Sonnenheizung: In den verschieden genutzten Räumen fällt zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlicher Wärmebedarf an. Bedarfsspitzen puffert der große Energiespeicher optimal, er bietet Kapazitätsreserven für außergewöhnliche Situationen ohne weiteren technischen Aufwand.

Geringe Dämmung mit Naturbaustoffen

Die Standards des Sonnenhaus-Instituts empfehlen neben der Nutzung der Sonnenwärme, eine gut wärmedämmende und wärmebrückenfreie Gebäudehülle. Da das Heizen in diesen Gebäuden der krisensichere und kostenfreie „Rohstoff“ Sonne übernimmt, der in jeder Menge vorhanden ist, kann jedoch auf überzogene Dämmung verzichtet werden. Um das originalgetreue Erscheinungsbild des Hofs nicht mehr als nötig zu verändern, hält ein Innendämmsystem aus Naturbaustoffen, vorwiegend Holzfaser- und Lehmmaterialien, die Wärme in den Gebäuden.

Fickenscher gelang es, auch die historisch gewachsene Struktur des Gesamtkomplexes zu erhalten. Ein Garagenneubau und ein Atriumhof ergänzen heute Bauernhaus, Scheune, Stall und Früchtehaus. Alte Ziegelwände blieben erhalten und geben unverputzt Einblick in die historischen Aufbauten. Die geöffneten Zwischendecken zeigen das Balkenwerk und die Dachkonstruktion. Der ästhetische und kulturelle Wert der ehemaligen Ruine wurde bewahrt und gestalterisch genutzt.

Insgesamt ist nicht nur ein schützenswertes Objekt für die Nachwelt erhalten, sondern eine wertvolle Immobilie mit geringen laufenden Kosten, bei gleichzeitig hohem Wohnkomfort ist für die kommenden Generationen wieder nutzbar.

Corina Prutti

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